Florence Knoll: Revolutionärin der Innenarchitektur
Als eine der wichtigsten Designerinnen und Architektinnen des 20. Jahrhunderts wurde Florence Marguerite Schust am 24. Mai 1917 in Saginaw, Michigan, geboren. Ihre Eltern verstarben früh, mit 12 Jahren kam sie als Waise auf das Internat der Kingswood Schule für Mädchen. Auf dem Campusgelände befand sich auch die Cranbrook Kunstakademie – die amerikanische Antwort auf das Bauhaus – die ihr weiteres Leben entscheidend prägen sollte.
Knolls Lehr- und Wanderjahre
Schon früh zeigte Knoll – genannt Shu – großes Interesse an Architektur und freundete sich mit Eliel Saarinen an. Der berühmte finnische Architekt unterrichtete in Cranbrook und erkannte schnell ihr Potential. Er lud sie in den Sommern in seine finnische Heimat ein, wo sie nicht nur eine enge Beziehung zu Saarinens Sohn Eero – später ebenfalls ein gefeierter Architekt – aufbaute, sondern auch Bekanntschaft mit Alvar Aalto machte. Nach der Schule wechselte sie an die Kunstakademie, ließ sich von Saarinen unterrichten und erwarb ihre kunsthandwerklichen Fähigkeiten in den dortigen Metall-, Holz- und Keramikwerkstätten.
Ab 1935 studierte sie an der Architectural Association in London, kehrte beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs jedoch in die USA zurück. Dank der Empfehlungen von Saarinen und Aalto konnte sie ihr Studium zunächst an der Harvard Graduate School of Design unter Walter Gropius und Marcel Breuer fortsetzen, bis sie ans Illinois Institute of Technology wechselte und dort in Ludwig Mies van der Rohe denjenigen fand, von dem sie nach eigenen Aussagen das meiste gelernt habe
Knoll Associates – eine Erfolgsgeschichte
1941 zog sie im Alter von 24 Jahren als Architektin nach New York, um im Büro von Marcel Breuer und Walter Gropius zu arbeiten. Dort war es dann auch, wo sie den deutschen Architekten Hans Knoll kennenlernte, der gerade sein eigenes Möbelunternehmen aufbaute. Ihre Design-Fähigkeiten und sein Geschäftssinn ergänzten sich hervorragend und 1943 trat Florence in Hans Knolls Firma ein. Die beiden formten das Unternehmen “Knoll Associates”, das bis heute unter dem Namen “Knoll International” besteht.
1946 heirateten sie. Nicht zuletzt dank Florence’ kollegialen Verbindungen konnten sie neben eigenen Möbelentwürfen auch exklusive Designs von Saarinen, Harry Bertoia und van der Rohe anbieten. Erstes internationales Aufsehen erregten Knoll Associates mit ihren mehrfach ausgezeichneten Drahtgeflechtstühlen in Chrom.
Knoll Planning Unit – die Revolution
Innerhalb ihres Unternehmens gründete und leitete Florence Knoll die “Knoll Planning Unit”. Damit schuf sie einen völlig neuen Standard für modernes Corporate Design und konnte etwas anbieten, das es nie zuvor gegeben hatte: ein Inneneinrichtungsprogramm als Gesamtkonzept.
Vom Schreibtischstuhl bis zum Sofakissen wurden nun aus einer Hand Farben, Formen und Materialien perfekt aufeinander abgestimmt. In insgesamt 48 von Florence entworfenen Showrooms weltweit konnte das revolutionäre Knoll-Konzept besichtigt werden.
Florence Knoll war die erste Innenarchitektin, die nicht einfach nur “umdekorierte”, sondern das auftraggebende Unternehmen, dessen Kultur und Bedürfnisse ganz genau untersuchte und in die Inneneinrichtung integrierte. Zu den namhaften Unternehmen, deren Einrichtung und Design Knoll maßgeblich gestaltete, zählten unter anderem IBM und das Medienunternehmen CBS.
Das ikonische Knoll Sofa 1206
Knoll war nicht nur eine erfolgreiche Interior Designerin, sie gestaltete auch viele ikonische Möbel ihrer Zeit: minimalistische Sofas, Sessel, Sideboards und Tische in der Tradition des Bauhaus. Einige ihrer Stücke stehen in bedeutenden Museen. Das Sofa 1206 findet sich zum Beispiel im Museum of Modern Art in New York. Ein “typischer Knoll” ist auch das Sideboard 2548, das mit seiner hochwertigen Verarbeitung und den edlen Materialien schlichte Eleganz ausstrahlt.
Trotz ihres Erfolgs und ihres großartigen Gespürs für moderne Ästhetik bezeichnete Florence Knoll ihre eigenen Designs bescheiden als “Füllmaterial” für den Knoll Katalog, zwischen den Entwürfen von Bertoia, van der Rohe und Saarinen.
Florence Knoll privat und beruflich
1955 kam Florence’ Ehemann, Wegbegleiter und Geschäftspartner Hans Knoll bei einem Autounfall ums Leben. Daraufhin musste sie zunächst die Geschäftsführung übernehmen. 1960 gab sie ihre Präsidentschaft auf, um sich ganz dem Design und dem Corporate Interior zu widmen.
Zuvor – 1958 – heiratete sie den Bankier Harry Hood Basset. Als Florence Knoll Bassett ging sie mit ihm nach Miami. 1965 zog sie sich schließlich ganz aus dem Unternehmen zurück. 2002 ehrte man sie 85-jährig mit der “National Medal of Arts” für ihren außerordentlichen Beitrag zu Architektur und Design. Im Alter von 101 Jahren verstarb sie in Coral Gables, Florida.
Zuletzt aktualisiert am 3 April 2023