Sie hat einen künstlerischen Hintergrund, er einen technischen – zusammen schufen sie Ikonen des Möbeldesigns, prägten unsere Sehgewohnheiten und nutzten neue Materialien und industrielle Fertigungsprozesse, um praktische, preiswerte Alltagsobjekte von hoher Qualität herzustellen. Wir stellen euch Charles und Ray Eames vor.
Der charismatische Architekt
Charles Ormand Eames, geboren am 17. Juni 1907 in St. Louis, Missouri, studierte ebendort Architektur und eröffnete mit 23 Jahren sein eigenes Büro. Bereits ein Jahr zuvor, 1929, heiratete er Catherine Woermann und bekam mit ihr seine Tochter Lucia. 1939 wurde er an die renommierte Cranbrook Academy of Art berufen, an der er Design lehrte und 1940 Leiter der Abteilung für Industriedesign wurde. In Cranbrook traf er die Studentin Ray Kaiser, die für ihn an Schaubildern für einen Wettbewerb des Museum of Modern Art arbeitete. Die beiden lernten sich in dieser Zeit gut kennen – so gut, dass sich Charles 1941 von seiner Frau scheiden ließ und noch im selben Jahr Ray heiratete.

Die talentierte Künstlerin
Bernice Alexandra Kaiser, die am 15. Dezember 1912 in Sacramento, Kalifornien, geboren wurde, erhielt als Kind den Spitznamen Ray-Ray, der ihr in verkürzter Form ein Leben lang erhalten blieb. 1931 zog sie für ihr Studium in den Bundesstaat New York und besuchte das Bennett College. Ihre dortige Kunstlehrerin, die ihr Talent erkannte, hatte Kontakte zum abstrakten Maler Hans Hofmann, sodass Ray nach ihrem Abschluss bei ihm in Manhattan bis 1939 Malerei studieren konnte. Als sie danach für vier Monate Design in Cranbrook studierte, begegnete sie ihrem zukünftigen Ehemann Charles …

Eine erfolgreiche Partnerschaft
Zwar traten Charles und Ray Eames bereits zu Lebzeiten als Designer-Paar auf, doch wurde Rays Rolle lange Zeit unterschätzt. Bei offiziellen Stellungnahmen und Auftritten stand meist Charles im Vordergrund, während Ray kaum wahrgenommen wurde. Heute geht man davon aus, dass Ray vor allem den kreativen Input einbrachte, während sich Charles eher mit seiner technischen Expertise profilierte.
Dass sich beide Seiten hervorragend ergänzten, beweist der Erfolg: Ihre Entwürfe zum „Organic Design in Home Furnishings“-Wettbewerb des Museum of Modern Art wurden preisgekrönt. Sie erhielten wichtige Aufträge, wie die Konzeption von Flugzeugteilen für die US Army während des Zweiten Weltkriegs, den Bau von Kulissen für die M.G.M. Studios sowie die Ausstellungsleitung der Abteilung Industrial Design für die documenta III in Kassel. Schnell erarbeitete sich das Paar einen internationalen Ruf und beschäftigte in den 60er Jahren über 50 Mitarbeiter.
Meisterwerke des Möbeldesigns
Schon während ihrer Arbeit für die US Army experimentierten die Eames mit gebogenen Sperrholzplatten, was sie zur Plywood Serie inspirierte. Ihre Teilnahme an der „International Competition for Low Cost Furniture“ 1948 hatte den ersten einteiligen, ungepolsterten Schalensitz zum Ergebnis. Der Plastic armchair prägt noch heute das Interior Design.

Im selben Jahr präsentierten sie La Chaise, deren Design eindeutig Ray zugeordnet wird. Der an eine Chaiselongue erinnernde Stuhl existierte bis 1980 nur als Prototyp, bis er danach in Serienproduktion ging und heute populär ist wie nie zuvor.
Ein herausragendes Möbelstück stellten Eames 1956 vor: Der Lounge Chair ist die moderne Interpretation eines Clubsessels, der mit dem sogenannten Ottoman verlängert werden kann.

Jenseits der Möbel
Eames gestalteten auch kleinere Alltagsgegenstände wie den Hang it all, sie entwarfen Häuser – nicht zuletzt ihr eigenes Eames House – und beeinflussten mit über 80 Experimentalfilmen und Multimedia-Präsentationen (unter anderem für IBM) die allgemeinen Sehgewohnheiten.
Ray entwarf zudem diverse Titelblätter für die Zeitschrift „Art & Architecture“ sowie einen Großteil der Werbegrafik für Eames-Möbel bei Herman Miller.

Geschichte eines Traumpaars
Nach 37 Jahren glücklicher Ehe und erfolgreicher Zusammenarbeit verstarb Charles plötzlich am 21. August 1978. Das Eames Büro wurde daraufhin zwar aufgelöst, doch Ray führte zunächst noch einige Projekte zu Ende, bis sie schließlich Hauptarchivarin von Charles’ Nachlass wurde.
Erstaunlicher Zufall oder romantisches Schicksal: Ray Eames starb am 21. August 1988 – auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Mann, mit dem sie so viel verband.
Titelbild: Charles und Ray Eames wählen Bilder aus. © Eames Office LLC